Naked Ufo ist kein Spencer Tunick Fotoshooting

 

 

Spencer Tunicks Aktionen haben Happeningcharakter. Naked Ufo ist kein Happening. Es werden sich im Unterschied zu den Aktionen von Spencer Tunick nicht hunderte oder tausende Personen einfinden, sondern ein bis maximal zwei Dutzend. Es geht still und minimal zu und her. Der einzelne ist sichtbar. Gefragt ist individuelle Präsenz und Präzision in der „Handlung" des nackten Daseins.

 

Spencer Tunick stellt die Foto der arrangierten Nackten in den Mittelpunkt. Naked Ufo fokussiert das Nacktsein an sich. Die Videodokumentation wird zwar nicht unterlassen, aber sie kommt an zweiter oder dritter Stelle. Das generiert auch Bilder, aber nicht die vorausgesehenen.

 

Die teilnehmenden Nackten müssen als Naked Ufo das rohe Nacktsein, die Exponiertheit und Verletzlichkeit im Stadtraum während 40 Minuten aushalten. Das erfordert im Unterschied zu einem Happening oder einem Foto-Shooting eine innere Vorbereitung, damit die für die Performance notwendige Präsenz und Ausdauer erreicht wird.

 

Im Unterschied zu Spencer Tunicks fotografierten Nacktanordnungen entsteht beim Naked Ufo eine Skulptur lebendiger und sich minimal bewegender nackter Körper im Verbund mit unfreiwillig involvierter bekleideter Passanten. Die Form der Skulptur und die Choreografie ist nicht voraussehbar.

 

Einige Passanten bleiben eine Zeit lang stehen, andere nehmen die Skulptur im Vorübergehen wahr und verschieben das irritierende Bild ins Unterbewusstsein, wieder andere zirkulieren, ohne von den Nackten speziell Notiz zu nehmen. Das ist der antizipierte Idealfall. Die Performance ist dann gelungen, wenn die Passanten zwischen den Nackten so selbstverständlich durchgehen wie die Nackten selbstverständlich dastehen.

 

Thomas Zollinger, März/August 09