Wortkörper

 

 

Vorbemerkung

 

Assoziatives Sprechen beziehungsweise Schreiben an sich ist nichts besonderes. Das erste könnte als Übung für Schauspieler betrieben werden, das zweite als Übung für angehende Literaten. Assoziatives Sprechen ausschliesslich von Worten, um das es beim Wortkörper geht, lässt schon eher stutzig werden. Aber auch das könnte als eine gute, das Wort und das Sprechen fokussierende Übung vorgeschlagen werden.

 

Mich interessiert darüberhinaus die mit dem Wortkörper verbundene Grundlagenarbeit (Labor) sowie das Herausreissen der Übungsanlage aus dem Labor in einen neuen Kontext. Beim gesprochenen Wort ist es die Performance des Wortesprechens in Konfrontation mit Publikum beziehungsweise Öffentlichkeit, beim geschriebenen Wort ist es die Konfrontation mit dem literarischen Anspruch. Nur Worte: Was erzählt ein Manuskript, bestehend nur aus Worten, sofern es noch etwas zu erzählen vermag? Wie organisieren sich die Wörter, aus sich selber heraus, aber im Rahmen eines Konzepts beziehungsweise einer Struktur entlang?

 

Wortkörper thematisiert die tägliche Grundhandlung des Sprechens von Worten und Sätzen, das Reden, regt zum Nachdenken über das Sprechen und auch Sprache an sich an, hat einen sprachphilosophischen, aber auch "sprechphilosophischen" Aspekt. Zugespitzt: Wohin führt die verbale Kommunikation, wenn ein Wort genügt, um eine ganze Geschichte auszulösen beziehungsweise eine Geschichte, ein Bild oder ein ganzer Film zu sein?

 

 

Vorarbeiten

 

Der jetzige Wortkörper geht auf eine sieben Jahre zurückliegende Arbeit während der 12 Monate Performance 1998/1999 zurück. Ich unterzog damals nicht nur die Existenz, sondern auch das Sprechen und Schreiben von Worten als Teil der Existenz einer Art Dekonstruktion. Übrig blieb das einzelne Wort, geschrieben oder gesprochen: Wort. Körper. Die damaligen Performances des "Wort. Körper." fanden im öffentlichen Raum, kleinen Kunsträumen und theaterungewohnten Räumen statt.

 

Die Performance des Wortkörpers im Kontext eines konventionellen Stadttheaters ist für den visuellen Künstler eine besondere Herausforderung. Der Grundlagentext des "Künstlers" zum "Theater" wird damit wieder aktuell: Endspiel-Theater (1997, beiliegend). Der Text vollzieht die radikale Abkehr von den Rahmenbedingungen des konventionellen Theaters. Gelingt es, in einer konventionellen Theatersituation die künstlerische Grundgeste durchzuhalten?

 

Die Dokumentation "Wort. Körper." fasst die Arbeit aus der 12 Monate Performance 1998/1999 zusammen. Sie ist im April des letzten Jahres aus dem Wunsch heraus entstanden, an die Arbeiten um den früheren "Wort. Körper." anzuknüpfen. Ab Mai habe ich die Laborarbeiten zum Wortkörper mit verschiedenen Personen wieder aufgenommen. Im Oktober 2004 habe ich im Rahmen des Atelierwochenendes in der Kulturfabrik Biel zum ersten Mal öffentlich einen Wortkörper als Laborprojekt präsentiert, in Abgrenzung zum früheren "Wort. Körper." jetzt in einem Wort: Wortkörper.

 

 

(Thomas Zollinger, aus der Projekteingabe April 2005)