19.04.2025
Zürich Oerlikerpark
30.08.2019, 15.30h-20.30h
Zum 10. Mal dient der Oerlikerpark als Künstlerplattform für die Durchführung der PERFORMANCE REIHE NEU-OERLIKON unter der künstlerischen Leitung von Maricruz Peñaloza. Eine spezielle Einladung geht an The Gathering, initiert durch Gisela Hochuli und Dominik Lipp. In jeweils verschiedener Konstellation performen bis zu 20 KünstlerInnen gemeinsamen (Open Source Performance) während 3-4 Stunden im öffentlichen Raum. Die KünstlerInnen werden über einen Open Call eingeladen.
Nachdem er im Kanton Aargau von einer Busse wegen Nacktseins im Rahmen einer Performance freigesprochen wurde, hält Thomas Zollinger es für nötig, auch die Situation in der Stadt Zürich weiter zu evaluieren. Immerhin ist das Body and Freedom Festival, welches den nackten Körper im öffentlichen Raum ein Jahr früher thematisiert hat, bewilligt worden. Das für das Experimentieren offene Gathering bietet einen geeigneten Rahmen.
Wie sieht es aus, wenn der nackte Körper im Rahmen eines Performancekunst-Anlass im öffentlichen Raum spontan und nicht vorab bewilligt einen Auftritt hat? Wird er als selbstverständliches Mittel wahrgenommen wie vorgefundene Steine, mitgebrachtes Material, Objekte? Wird er akzeptiert als eine Form von Kleidung, die Haut als Kleid? Das Ergebnis überrascht. Es ist nicht die Polizei, die aufkreuzt, sondern die Kuratorin des Anlasses. Sie bittet Thomas Zollinger in einem der wenigen Momente, in denen er nackt auf dem Platz sich bewegen möchte, sich wieder anzuziehen. Er tut ihr den Gefallen, und bereut es sogleich.
Wie verträgt sich diese "Zensur" mit dem "speziellen Fokus auf die kulturpolitische Frage des Agieren im öffentlichen Raum", wie es in der Ankündigung heisst? Weiter steht da zutreffend: "Der öffentliche Raum geht weit über die Ästhetik hinaus, es ist ein politischer Raum..." und es wird Hanna Arendt zitiert, "dass der öffentliche Raum kein abstrakter Raum sei; der öffentliche Raum sei der Platz für die Gegenüberstellung, um an die politische Gemeinschaft Fragen zu stellen." Schöne Sätze und noch auf dem Platz ein sich selbstvergewisserndes Plädoyer für die Kunstfreiheit durch die Kuratorin, auffällig die gegenteilige Praxis.
Wo führt es hin, wenn die Politik mit liberalen Polizeireglementen sich als offener und toleranter entpuppt als eine Kunstanlassorganisatorin? An die "politische Gemeinschaft" gestellte Fragen müssten noch viel dringlicher an die Kunst selber zurückgegeben werden. Die Kunst wie auch die Performance verliert ihre Daseinsberechtigung, wenn sie, erst noch unnötig, sich selbst zensurierend zu einer Dekoration des städtischen Alltags verhübscht. Es ist sowieso nicht einfach, nicht in die hier versteckte Falle zu tappen, in einer Zeit, da irritierende Fragen aufwerfende Kunst von der "politischen Gemeinschaft" und kulturbehördlich gewünscht und gefördert werden.
Video Daniel Marti / Schnitt Thomas Zollinger
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