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Solothurner Tagblatt 10.07.2006

Kultur(-Prozent) einführen?

Hanspeter Flückiger

Von der Kunst, als Künstler leben zu können: Betroffene, Politiker und Interessierte diskutierten existenzielle Fragen.

Kunst ist kein luxuriöser Zeitvertreib extravertierter Spinner, sondern Grundbedürfnis, gar Motor einer zivilisierten Gesellschaft. Was tut aber diese für den Fortbestand der freien Kunst? Kunstschaffende, Kunstvermittler und Politiker befassten sich am Samstag unter der Leitung der beiden Kunsthistoriker Christine Zürcher und Martin Rohde mit dieser Fragestellung. Sicher ist: Wenn freie Kunstschaffende künftig Akademiker werden und in ihrem Atelier ein Diplom an die Wand hängen können, die sie als Bachelor oder Master of fine Arts qualifiziert, haben sie damit noch nicht gegessen.

Dass „diplomierte Künstler“ vom Staat ein Grundeinkommen erhalten sollen, ist für Roman Jäggi, Kantonsrat und Pressesprecher der SVP Schweiz, nicht ausgeschlossen. Die Künstler meistern ihre Existenz auf unterschiedliche Weise. Viele subventionieren ihr Schaffen mit einem „Brotjob“- So arbeitet Lex Vögtli in einem Teilzeitpensum als Zeichenlehrerin, Thomas Woodtli als Laborant und Taxifahrer. Vögtli wünscht sich mehr Zeit für das künstlerische Schaffen, während Woodtli seine Erwerbsarbeit schätzt. Die Erfahrungen hinter dem Mikroskop und dem Steuerrad inspirieren ihn. Einen anderen Weg ging Thomas Zollinger. Während drei Jahren stellte er das helvetische Kunstverständnis auf die Probe. Er verweigerte jede Erwerbsarbeit, verlangte dafür die Anerkennung seines Schaffens und beanspruchte staatliche Honorierung. Geld hat er erhalten - aber als Sozialfall.

Roman Jäggi anerkannte, dass die Kunst von den politischen Parteien stiefmütterlich behandelt werde. Ein Missstand, mit dem immerhin die SVP, die an einem Positionspapier zur Kulturpolitik werkt, Abhilfe schaffen will. Jäggi erntete aber Widerspruch auf sein Votum, dem Bundesamt für Kultur stehe mit 184 Millionen Franken ein rechter Batzen für die Förderung zur Verfügung. „Was kosten Leuenbergers Nationalstrassen und Sämi Schmids Entspannungspanzer“, wurde moniert. Auch für die Bauern gebe der Bund jährlich 2,5 Milliarden aus. Wieso nicht gleich lange Spiesse für die Kunstschaffenden machen und die Mehrwertsteuer um ein (Kultur-)Prozent erhöhen? Das würde reichen, um die rund 100 000 Kulturtäter der Schweiz mit monatlich 2000 Franken zu unterstützen.

(Existenzrecht für Kunst und Künstler?)